Ressourcensteuerung in IT-Abteilungen als limitierender Faktor digitaler Interoperabilität

Ressourcensteuerung in IT-Abteilungen als limitierender Faktor digitaler Interoperabilität

Die digitale Transformation in Spitälern erzeugt nicht nur neue technologische Anforderungen, sondern erhöht den strukturellen Druck auf bestehende IT-Abteilungen. Die Nachfrage nach Schnittstellenentwicklung, Systemintegration, Wartung, regulatorischer Compliance und Cybersicherheit wächst exponentiell – bei gleichbleibender oder sinkender personeller Ausstattung.

Der daraus entstehende Zielkonflikt zwischen Betriebssicherung und Innovationsfähigkeit ist nicht durch kurzfristige Optimierung lösbar. Es bedarf eines systematischen Ressourcenmanagements, das operative Stabilität sichert und gleichzeitig strategische Entwicklung ermöglicht.

Ressourcenasymmetrie zwischen Bedarf und Kapazität

Viele Spital-IT-Abteilungen arbeiten an der Kapazitätsgrenze. Der Betrieb von Dutzenden bis Hunderten heterogener Systeme, verbunden mit punktuellen Integrationsprojekten, erzeugt einen kontinuierlichen Belastungszustand. Die zunehmende Verrechtlichung der IT (z. B. MDR, revDSG, EPDG) erhöht zudem die Anforderungen an Dokumentation, Nachvollziehbarkeit und technische Konformität.

Gleichzeitig erschweren der Fachkräftemangel, volatile Arbeitsmärkte und Konkurrenz aus der Privatwirtschaft die personelle Absicherung. Diese strukturelle Asymmetrie führt zu:

  • Priorisierungsdruck, bei dem oft reaktive Wartung Vorrang vor proaktiver Weiterentwicklung erhält
  • Verschleppung von Ablöseprojekten, etwa bei Legacy-Systemen mit Sicherheitslücken
  • Abhängigkeit von wenigen Schlüsselpersonen mit systemkritischem Wissen
  • Reduktion von Innovationsprojekten zugunsten kurzfristiger Betriebsstabilität

Strategische Steuerungsansätze zur Entlastung

Ein nachhaltiges Ressourcenmanagement erfordert institutionelle Entkopplung und operative Entlastung in mehreren Dimensionen:

  • Projektpriorisierung entlang klinischer Relevanz und Infrastrukturresilienz: Digitalisierungsvorhaben werden nicht nach technologischer Attraktivität, sondern nach medizinischem Nutzen und architektonischer Kohärenz bewertet.
  • Funktionale Entlastung durch Outtasking: Wiederkehrende, klar abgrenzbare Aufgaben (z. B. Release-Tests, Systemmonitoring, Patching) werden an externe Spezialisten ausgelagert – mit vertraglich definierter Leistungstransparenz.
  • Schaffung von Architekturverantwortung jenseits der Tagesbetriebslogik: Strategische Rollen wie IT-Architekt:innen, Informationssicherheitsbeauftragte oder Integrationsverantwortliche operieren unabhängig vom operativen Systembetrieb.
  • Gezielte Investitionen in Weiterbildung und interne Qualifizierung: Aufbau von Fachkompetenz im Bereich HL7 FHIR, API-Design, Sicherheitsarchitektur oder regulatorischer Dokumentation.

Diese Steuerungsmechanismen erweitern den Handlungsspielraum der IT, ohne deren Grundfunktionalität zu gefährden.

Governance und institutionelle Verankerung

Digitalisierung erfordert nicht nur Technologie, sondern Organisation. Spitäler, die ihre IT-Abteilungen als strategische Ressource verstehen, etablieren:

  • Plurale Steuerungsgremien, in denen medizinisches Fachpersonal, IT, Datenschutz und Management gemeinsam priorisieren
  • Zielvereinbarungen und Budgetierungsmechanismen, die Entwicklungskapazitäten abseits des reaktiven Betriebsbudgets ermöglichen
  • Langfristige Rekrutierungs- und Bindungsstrategien, z. B. durch Entwicklungspfad-Modelle, akademische Kooperationen oder flexible Arbeitsmodelle

Fazit

Interoperabilität scheitert nicht an Technologie, sondern an institutioneller Überforderung. IT-Abteilungen in Spitälern benötigen strukturelle Entlastung, klare Priorisierung und gezielte Qualifizierungsstrategien, um digitale Transformation verantwortungsvoll gestalten zu können. Ressourcenmanagement ist damit nicht operatives Detail, sondern strategischer Erfolgsfaktor vernetzter Versorgung.

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