Die Digitalisierung des Gesundheitswesens produziert nicht nur mehr Daten, sondern erhöht auch die Anforderungen an deren Qualität, Konsistenz und Zugänglichkeit. In hochgradig vernetzten Spitalumgebungen ist es nicht länger ausreichend, Daten lediglich zu erfassen – sie müssen strukturiert gepflegt, qualitätsgesichert und kontextualisiert werden. Data Stewardship etabliert sich in diesem Zusammenhang als unverzichtbare Führungsdisziplin.
Daten als institutionelle Ressource – nicht als Nebenprodukt
In vielen Spitälern werden Daten weiterhin primär als transaktionales Nebenprodukt klinischer Prozesse verstanden. Dokumentation erfolgt zur Leistungserfassung, zur Nachvollziehbarkeit oder zur rechtlichen Absicherung. Ihre strategische Nutzung – etwa für Forschung, Qualitätsindikatoren oder KI-basierte Entscheidungsunterstützung – ist jedoch nur möglich, wenn Datenqualität, semantische Konsistenz und Zugriffsregeln systematisch gesteuert werden.
Dies setzt voraus, dass Daten nicht nur technisch verfügbar, sondern institutionell verantwortet sind. Data Stewardship bedeutet in diesem Sinne nicht nur operative Datenpflege, sondern eine organisationsweite Struktur aus Rollen, Prozessen und Regelwerken, die Daten als gemeinsame Ressource betreiben.
Rollenmodelle und Prozessstrukturen für wirksames Stewardship
Die Einführung von Data Stewardship verlangt eine differenzierte Rollenverteilung und klare Zuordnungen. Drei Kernrollen lassen sich dabei unterscheiden:
- Data Owner: Fachverantwortliche, meist auf Ebene medizinischer oder administrativer Direktionen, die über die inhaltliche Bedeutung und Nutzung der Daten entscheiden. Sie definieren Anforderungen an Datenqualität und Zugriffsrechte.
- Data Steward: Operative Verantwortungsträger:innen, die Datenquellen betreuen, Datenqualität überwachen und Schnittstellenpflege koordinieren. Sie arbeiten eng mit IT, klinischen Fachbereichen und Controlling zusammen.
- Data Governance Board: Strategisches Gremium, das institutionelle Standards (z. B. Terminologien, Klassifikationen), Zugriffskonzepte und Nutzungsvorgaben definiert – und die Einhaltung systematisch überwacht.
Diese Rollen entfalten Wirkung nur im Rahmen strukturierter Prozesse: Etablierung von Datenkatalogen, Qualifikationsroutinen, semantische Mapping-Verfahren, regelmässige Datenreviews sowie Eskalationspfade bei Qualitätsmängeln. Besonders kritisch ist dabei die Verankerung semantischer Standards (z. B. SNOMED CT, LOINC) in den klinischen Routinen – nicht nur technisch, sondern auch im Verständnis der Endanwender:innen.
Fazit: Data Stewardship als Voraussetzung für datengetriebene Versorgungssysteme
Wer datenbasierte Steuerung, Forschung oder Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen ernst meint, kommt an professionellem Data Stewardship nicht vorbei. Die Zeiten informeller Zuständigkeiten und inkonsistenter Datenstrukturen sind vorbei – nicht nur aus Gründen der Effizienz, sondern auch aufgrund regulatorischer Anforderungen und wachsender Komplexität in der Versorgung.
Data Stewardship verankert Datenverantwortung institutionell – zwischen Technik und Fachlichkeit, zwischen Governance und Betrieb. Damit wird es zu einem tragenden Pfeiler jeder nachhaltigen Digitalstrategie im Spitalwesen.